Ohrwürmer - Dermaptera, wie sie wissenschaftlich heißen - sind allgemeine bekannte Tiere. Trotzdem oder wahrscheinlich deshalb ist Ihre Biologie recht spärlich untersucht. Engagierte Amateure und Profis die regelmässig nach Dermapteren suchen, sind eher selten anzutreffen, ganz anders wie zum Beispiel bei Tagschmetterlingen, Motten, Libellen und Heuschrecken.
Die ist umso erstaunlich als die Ohrwürmer sehr interessante Eigenschaften haben. Herausragend ist die - vermutlich durchgehend vorhanden - Brutpflege der Mutter für die Eier und die Erstlarve. Weiterhin stellt die Flugfähigkeit ein sehr interssantes Problem dar. Manche Tiere einer Art sind fliegend anzutreffen und sind manchmal beim Lichtfang anzutreffen, andere Tiere der selben Art können aber nicht fliegen. Hier liegt in der systematischen Beobachtung dieser Arten eine wichtige und durchführbare Aufgabe für Amateure, die diese wichtigen biologischen Basisdaten sammeln können.
In Österreich gibt es eine sehr überschaubare Anzahl von Arten (und nur wenige, die gelegentlich eingeschleppt werden), die fast alle nach Photos sicher identifiziert werden können. Die schwierigen Arten gehören alle zu einer Gattung (Chelidura) und wurden früher auch als nur eine Art angesprochen. Das Problem mit diesen zwei Arten ist aber sehr begrenzt und auch lösbar. Weltweit sind übrigens rund 2.200 Arten beschrieben, im Gebiet der Fauna Europaea etwa 85.
Der Namen "Ohrwurm" ist übrigens nicht so recht nachvollziehbar. Natürlich schlüpfen Ohrwümer manchmal in ein menschliches Ohr, das sie als Versteck nutzen. Dies kam in einer mitteralterlichen und bäuerlichen Gesellschaft, die ja noch viel Stärker mit der Natur zum Guten und Schlechten (Parasiten z.B.) vernetzt war, als heutige Stadtmenschen, öfters vor. Die Ohrwürmer nutzen einfach menschliche Ohren als Unterschlupf. Allerdings tun dies auch andere Insekten. So berichten südafrikanische Ärzte von allen möglichen Insekten in den Ohren ihrer Patienten - Schaben, Käfer und Wanzen - allerdings keine Ohrwürmer! (Literatur dazu mit dem Schlüsselwort 'medicine' in der 'Keywords' Datenbank suchen). Warum also gerade dieses Insekt nach den Ohren benannt wurde, ist mir daher nicht so ganz verständlich.
Die Benennung nach dem Ohr findet sich im Deutschen, Englischen, Französischen und Russischen. Andere Sprachen wie Thai, Japanisch, aber auch Schwedisch, Spanisch, Italienisch und Portugisisch weist der Namen auf die Zangen, die dann als 'Scheren', 'Zangen' oder 'Schwänze' bezeichnet werden, hin (mehr Sprachen in der Datenbank 'Vernacular, Native or Common Names'). Eine sehr logische Bennenung.
Wie der Ohrwurm auch mit Namen versehen wird, er kriecht nie gezielt in Ohren, weder menschliche noch tierische, und baut dort auch nie Nester oder bohrt sich in das Gehirn, um dort Eier zu legen.
Daneben gibt es noch meine Bearbeitung im Rahmen der Fauna Europaea. Mehr dazu in den Literatur- und Verbreitungsdatenbanken.
Ebner R (1910) Die Orthopterenfauna der Umgebung von Guntramsdorf in Niederösterreich. Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins Universität Wien, 8, 129-153.
Ebner R (1953) Saltatoria, Dermaptera, Battodea, Mantodea. Catalogus Faunae Austriae, 13a: 1-18.
Ebner R (1955) Die Orthopteroiden (Gradflügler) des Burgenlandes. Burgenländische Heimatblätter 17:56-62,
Fruhstorfer H (1921) Die Orthopteren der Schweiz und der Nachbarländer auf geographischer sowie oekologischer Grundlage mit Berücksichtigung der fossilen Arten (Vol. 87). Nicolaische Verlags-Buchhandlung R. Stricker.
Harz, K., Kaltenbach, A., Harz, K., & Kaltenbach, A. (1976). Die Orthopteren Europas III (pp. 9-427). Springer Netherlands.
Kofler A (2006) Zum Vorkommen von Ohrwürmern in Osttirol und Kärnten (Österreich)(Insecta: Dermaptera: Labiidae, Forficulidae). Carinthia 196-166:405-418
Kopf T (2013) Die Geradflügler (Orthoptera: Dermaptera, Blattodea, Saltatoria) der Jagdberggemeinden. Inatura-Naturmonographien 531-542.
Liston A (2006) Weiterer Fundort für Anechura bipunctata (F., 1781) in Bayern (Dermaptera). Nachrichtenblatt der Bayerischen Entomologen, 55(1/2), 31.
Mrkvicka AC, & Szucsich N (2021) Forficula smyrnensis Audinet-Serville, 1839 - Erstnachweis für Österreich, inkl. einer Checkliste der österreichischen Dermaptera. Biodiversität und Naturschutz in Ostösterreich-BCBEA, 6(1), 24-26.
Pfeifer MA (2007) Die Ohrwürmer (Dermaptera) in einem inneralpinen Seitental des Inns (Val Tuoi, Unterengadin, Schweiz). Articulata, 22, 205-223.
Redtenbacher J (1900) Die Dermaptoteren und Orthopteren (Ohrwürmer und Geradflügler) von Österreich-Ungarn und Deutschland.
Smettan HW (1986) Die Heuschrecken, Ohrwurmer und Schaben des Kaisergebirges/Tirol (Insecta: Saltatoria, Dermaptera, Blattaria). Courier Forschungsinstitut Senckenberg, 79 (0): 1-93.
Stäger R (1930) Einige Notizen über Anechura bipunctata, Dermatoptera. Entomologische Zeitschrift 43:271-273
Thaler K, Kofler A, Meyer E (1990) Fragmenta Faunistica Tirolensia: IX. (Arachnida: Aranei, Opiliones,; Myriapoda: Chilopoda, Diplopoda: Glomeria; Insecta: Dermaptera, Coleoptera: Staphylinidae). Berichte des naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins, 70: 225-244.
Werner F (1931) Beitrage zur Kenntnis der Tierwelt Ost-Tirols. Veröffentlichungen des Museum Ferdinandeum in Innsbruck, 11, 1-12.
Werner S (2005) Wiederentdeckung des in Deutschland verschollenen Zweipunktohrwurms Anechura bipunctata (FABRICIUS, 1781)(Insecta, Dermaptera). Nachrichtenblatt der Bayerischen Entomologen, 54(1/2), 49-52.
Family | Subfamily | Species | Author | Common Name and Notes | |
1 | Anisolabididae | Anisolabiinae | Euborellia anullipes | (Lucas, 1847) | Kleiner Ohrwurm, Zwergohrwurm |
2 | Euborellia arcanum | Matzke & Kocarek, 2015 | Gewächshausohrwurm | ||
3 | Labiduridae | Labidurinae | Labidura riparia | (Pallas, 1773) | Sandohrwurm, Uferohrwurm |
4 | Forficulidae | Forficulinae | Forficula auricularia | Linnaeus, 1758 | Gemeiner Ohrwurm, Ohrwurm, Ohrenkriecher, Ohrenkneifer, Ohrenhöhler, Öhrling | 5 | Forficula smyrnensis | Audinet-Serville, 1838 | Türkischer Ohrwurm |
6 | Apterygida media | (Hagenbach, 1822) | Gebüschohrwurm | ||
7 | Forficulidae | Anechurinae | Anechura bipunctata | (Fabricius, 1781) | Zweipunkt-Ohrwurm, Alpenzängler |
8 | Chelidurella acanthopygia | (Géné, 1832) | Waldohrwurm | ||
9 | Chelidurella mutica | Krauss, 1886 | Kein umgangssprachlicher Name bekannt | ||
10 | Chelidurella thaleri | Harz, 1980 | Kein umgangssprachlicher Name bekannt | ||
11 | Chelidurella galvagnii | Kirstová & Kočárek, 2020 | Kein umgangssprachlicher Name bekannt | ||
12 | Chelidurella vignai | Galvagni, 1995 | Kein umgangssprachlicher Name bekannt | ||
13 | Chelidurella pseudovignai | Kočárek & Kirstová, 20206 | Kein umgangssprachlicher Name bekannt | ||
14 | Spongiphoridae | Labiinae | Labia minor | (Linnaeus, 1758) | Kleiner Ohrwurm, Zwergohrwurm |